Colosseum

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Colosseum 'Out Into The Fields' (GB)

 

Tempest In The Colosseum

Es erstaunt und ergreift zugleich, zu hören und zu sehen mit welch pulsierender Energie und Vitalität, mit welcher Spiellaune und Kreativkraft diese Doyens des Progressive Rock, der im Falle Colosseums viele Jazz- und Bluestugenden miteinschließt, auf der Bühne zurück sind. Das war alles andere als eine zu erwartende Sache. Zwar war Jon Hiseman, Schlagzeuger und Mitbegründer, nach der zweiten Auflösung der Kultband 2015(die erste erfolgte 1971), drauf und dran Colosseum erneut zu reaktivieren. Bevor es dazu kam verstarb er leider 2018 unter tragischen Umständen. Doch die verbliebenen Mitglieder der klassischen Besetzung der 1970er Jahre, Chris Farlowe, Mark Clarke und allen voran Clem Clempson, verspürten vehement, dass eine Reunion neuerlich der Mühe wert ist. Eine bemerkenswerte im Frühjahr 2022 erschienene Platte und ein fulminantes Konzert wie an diesem Abend, wie kolportiert wurde nicht nur an diesem in den vergangenen vier Monaten, untermauern ihren Entschluss. Drehen wir uns kurz um. Die Geschichte von Colosseum nahm1968 ihren Anfang, als eben Jon Hiseman und Saxophonist Dick Heckstall-Smith ihre Erfahrungen aus den Jazz- bzw. Blueswelten in einen Topf warfen um ihr ureigenes Gebräu zu kochen. Infolge verliehen sie dem Progressive Rock, mit ihrem Jazz-Rock Amalgam einen weiteren Innovationsschub. Wie erwähnt endete die erste Phase bereits wieder 1971. Die einzelnen Mitglieder waren in mehr oder weniger erfolgreichen Projekten tätig. Colosseum II, Tempest, Manchild, Atomic Rooster um einige zum nennen. 1994 dann die Wiedergeburt und die Band konnte weitestgehend an den einstigen Kollektivgeist und Esprit anschließen. Weitere zwanzig Jahre behielt der spezielle, britische Progressive Jazzrock-Mix seine Relevanz. 2004 verstarb Saxophonist Heckstall-Smith. Anstelle seiner kam Hisemans Frau, die wunderbare Barbara Thompson hinzu. Als sie dann, gesundheitlicher Probleme wegen, ihre Instrumetalistinnen-Karriere beenden musste, schlossen sich 2015 vermeintlich des Colosseums Tore. Nun sind sie aber zurück, neu besetzt, mit welch einer Wucht. Neben den erwähnten Altvorderen „Colosserianern“ stiegen die „Neu-Colosserianer“ Kim Nishikawara, Nick Steed, Malcolm Mortimore in die Arena. Profilierte Musiker und Fixgrößen des britischen Progressive Rock-Zirkels allesamt. Mittlerweile erwuchs erneut ein homogenes Kollektiv mit erheblichem Schaffensdrang. Diesem entsprangen etliche neue, starke Songs. Einige fungierten gleich als Start Up. „First In Line“, „The Cowboy Song“, “Need Somebody”. In lässigem Blues-Rock Jargon, zuweilen mit souligem Touch und jazzbesprenkelt. Jede Menge kernige Riffs von hohem Originalitätsfaktor packten sofort zu.

 

Clempson veredelte sie mit sattem Sound, Farlowe flanierte darüber mit stimmlicher Prägnanz, der Saxophonist stellte klar, wie sein Instrument, inspiriert von den Jazzerrungenschaften, im Rockkontext richtig gut gespielt werden kann. Die nötige hochtourige Schubkraft besorgten die offensiven Rhythmiker. Trotz aller Massivität, kam ihnen die Geschmeidigkeit nie abhanden. Der Keyboarder wirkte hier fast inspirierter als in seinen Soli, Schlagzeuger Mortimore erlag nicht dem Versuch der Virtuosität Jon Hisemans nachzueifern, setzte aber mit seinem präzisen, schnörkellosen Back Beat-Spiel die Musik nicht minder unter Druck. Einen Phantasieausbruch an melodischer Melismatik legte Mark Clarke offen.

 

Er variierte fortwährend seine Basslinien, brachte herrliche Off-Beats bzw. kontrapunktische Sequenzen ins Spiel. Von noch mehr inhaltlicher Offenheit und emotionalem Überschwang profitierte die Musik in Colosseum-Klassikern wie u.a. „Walking In The Park“, „Valentine Suite“, „Lost Angeles“. Clempson und Nishikawara hoben mit ihren variationsreichen Improvisationen förmlich ab. Lustvoll brachen sie immer wieder die Funktionsharmonik auf, führten die Rock-Tonalität aus ihrer Enge. Lichterlohe Highlights waren Clempsons atemberaubendes Glissandi-Solo, die Sopransaxophon-Fantasie in bestechender Intonation und überaus jazzbeseeltem Melos, das Duett Farlowes, bei dem er in einer Art „Rock-Scat“ mit den Saxophonisten, diesmal am Tenor, improvisierte Melodielinien austauschte. Respektabel, welch muskulöser Stimme sich der 82-jährige Farlowe, obendrein begnadeter Entertainer, nach wie vor in Besitz wähnt. Hinzu kommt dieses eindringliche Bluesfeeling, ist seinen Kollegen gleichfalls zu bescheinigen, welches die schädeldeckenhebende Version des „Stormy Monday Blues“ durchströmte. Tribut an die schwarzen Erfinder des Blues, eines von Colosseums wichtigen Quellmaterialien. Colosseum pflegen keineswegs einen Legendenstatus. Sie revitalisieren große Werke ihres Songbooks respektive restaurieren ihre Musik für einen würdigen Platz in der Gegenwart. Unter jenem Banner von einst: Freiheit, Gleichberechtigung und künstlerische Selbstbestimmung. Vom Sturm der Entfesselung. (Hannes Schweiger, über das Konzert vom 19. September 2022)

Programm und Besetzung

Chris Farlowe: Gesang
Clem Clempson: Gitarre, Gesang
Mark Clarke: Bass, Gesang
Malcolm Mortimore: Schlagzeug
Kim Nishikawara: Tenor-, Sopran-Saxophon
Nick Steed: Keyboards

PORGY & BESS Jazzclub Wien

Das Porgy & Bess (eigentlich Jazz- and Musicclub Porgy & Bess) ist ein Jazzclub in der Riemergasse 11 im 1. Bezirk von Wien. Der 1993 gegründete Club gilt „als wichtigster Jazzveranstalter und Szenetreffpunkt“ der österreichischen Hauptstadt.

Das Programm des Porgy & Bess spricht ein sehr großes Publikum an, etwa 70.000 Gäste im Jahr; entsprechend wird Jazz „sehr pluralistisch verstanden“, und im Programm „auch in Randbereiche, wie elektronische Musik, zeitgenössische Musik und Weltmusik, vorgedrungen.“  Neben zahlreichen internationalen Interpreten, insbesondere aus dem US-amerikanischen Raum, finden auch österreichische Musiker hier eine Auftrittsmöglichkeit. Der Club bietet auch die Bühne für Events, wie etwa die Verleihung des Austrian World Music Award.

Dem Musikwissenschaftler Christian Scheib zufolge ist das Porgy & Bess „gleichzeitig essenziell für die Weiterentwicklung der musikalischen (Jazz-)Wirklichkeit einer Stadt“ und braucht und verbraucht „als Stadtraum schlicht alltäglich Musik“. Es schaffe sich „durch künstlerische Vorlieben, akustische Qualität, Fassungsvermögen und realer Auslastung die notwendige Abgrenzung von anderen Clubs.“ Dabei erlauben die unterschiedlichen Bereiche des Jazzclubs – Bereich vor der Bühne mit Tischen, Galerie im oberen Stockwerk, ein seitlicher Bereich mit einer Bar am Tresen – unterschiedlich intensive Konzentration auf das Konzertgeschehen. Für die Jazzthetik ist das Porgy & Bess sogar ein „Traditionsclub.“

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